Die Scheuche Der Hasenvuss

Durchsichtig

Die Scheuche und ich organisieren seit einem Jahr Mahnwachen vor Schlachthöfen in unserer Region, um Zeuge der kurzen Existenz der Individuen zu sein, die dort getötet werden. So versammeln sich Monat für Monat zwischen zehn und 60 Tierrechtsaktivist*innen vor diesen Orten und schauen zu, wie, je nach Schlachthof, Schweine, Kälber oder Puten eingefahren werden. Es ist absurd, dass ausgerechnet wir vegan lebenden Menschen uns dieses Erlebnis antun. Schwer zu ertragen sind nicht nur der pestilente Geruch und die Schreie der Tiere, sondern vor allem das Wissen, dass diese Lebewesen, denen wir gerade noch ins Angesicht schauen können, in wenigen Minuten qualvoll um ihr Leben gebracht werden. Trotzdem sind wir da und dokumentieren so viele der Individuen wie möglich und veröffentlichen diese Bilder und Filme als Zeugnis ihrer Existenz.

Zu Beginn dieser Aktionsform suchten wir den direkten Kontakt mit den Verantwortlichen der Betriebe und bekamen einen Termin mit einem Geschäftsführer eines Schlachthofes, der unter dem Motto „Transparente Landwirtschaft“ auch Führungen durch den gesamten Schlachthof sowie Besichtigungen von drei Schweinemastbetrieben anbietet. Der Geschäftsführer zeigte sich nicht nur stolz, sondern prahlte auch mit den vorbildlichen Zuständen in seinem Schlachthof (siehe Hasenvuß-Beitrag „Der Gipfel“).

Kürzlich kamen erneut erschütternde Videoaufnahmen von verdeckten Ermittlern aus einem anderen Schlachthof in der Region in die Öffentlichkeit, in denen so ziemlich alles, was nach dem aktuellen Tierschutzgesetz verboten ist, zu sehen ist. Diese dokumentierten Vorgänge hatten konsequenterweise immerhin die sofortige Schließung des Schlachthofs zur Folge. In der juristischen Aufbereitung des Falles wurde zunächst nach dem Besitzer des Skandalschlachthofes gesucht. Hier kam tatsächlich unser transparenter Vorzeigeschlachthof ins Bild, weil dieser nicht nur ein Kunde, sondern auch einer der Betreiber des Skandalschlachthofes war.

Die Strategie der Fleischindustrie ist transparent, im Gegensatz zur so proklamierten Landwirtschaft: Es wird ein Vorzeigeobjekt geschaffen, in dem alles sauber nach Recht und Gesetz abläuft, und an allen anderen Orten wird brutal gemetzelt. Das eigentliche Ziel heißt absolute Gewinnmaximierung, und auf dem Weg dorthin geht jeder noch so kleine Funke an Gewissen und Rechtschaffenheit verloren. Ein Hoch auf die mutigen Aktivist*innen, die diese Zustände dokumentieren und aufdecken.