Am Ball¹

Die Scheuche und ich standen am Samstag vor der Frage „gehen wir tanzen oder protestieren?“, denn passende Gelegenheiten für beide Optionen boten sich an. Zum Tanzen das jährliche Konzert der Pulveraffen auf einem historischen Markt oder zum Protestieren das örtliche Fußballstadion, in dem der klägliche und, im wahrsten Sinne des Wortes, perverse Versuch eines Hühnchenfleischfabrikanten, sich als Tierschutzorganisation darzustellen, stattfand. Der Hühnchenfleischfabrikant ist zurzeit Hauptsponsor der örtlichen Fußballmannschaft, und gestern trugen die professionellen Sportler anstelle des Firmenschriftzugs einen Aufdruck mit den Worten „Für mehr Tierschutz“. Das „mehr“ an Tierschutz rührt daher, dass einige wenige Tiere dieses Fabrikanten auf ein bisschen mehr Platz drei Monate länger leben dürfen, bevor man sie ermordet.

Ich lebe zum ersten Mal in einer Stadt, die eine Fußball-Bundesligamannschaft vorzuweisen hat, und trotz meines fast gänzlichen Desinteresses an dieser kommerziellen Volksbelustigung fand ich es ganz angenehm, an Spieltagen die Gefühle der Menschen zu spüren, die aus vielen Fenstern der Stadt nach draußen dringen. Da auch mein Sohn eine Zeitlang in dem Verein (in der Schachsparte) spielte, wuchs meine grundsätzliche Verbundenheit und vielleicht auch beginnende Identifikation mit diesem Verein… bis zu dem Zeitpunkt, als der Hühnchenfleischfabrikant Hauptsponsor des Vereins wurde.

Es ist eigentlich sehr schade, dass Geld nicht stinkt, denn täte es das, wären diejenigen, die mit dem Leid der Tiere ihre Millionen scheffeln, ganz sicher olfaktorisch nicht sehr beliebt. Wie schön wäre es, wenn man die Quelle des Profits wirklich riechen könnte. Da das leider nicht so ist, muss ich mich wohl damit trösten, dass diese Fußballmannschaft zurzeit genauso beschissen spielt wie ihr Sponsor sonst riechen würde. Ist eigentlich nur konsequent: Für einen schlechten Sponsor sollte man auch dementsprechend schlecht spielen.

Na, dann mal weiter so, ihr Hühnchenfleischfabrikantenfußballer, ihr geht konsequent in die Regionalklasse, die Scheuche und ich gehen derweil richtig schön tanzen.