Die Scheuche Der Hasenvuss

Es lohnt sich

Die Scheuche und ich sind aufs Land gefahren, um an einer Demonstration gegen den Wiesenhof-Schlachtbetrieb in Lohne teilzunehmen. Dort durfte ich die Auftaktrede halten, bevor der Demonstrationszug vom Bahnhof aus in Richtung Schlachthof startete. Da die Kernaussage allgemeine Relevanz hat, gebe ich hier die schriftliche Fassung meines Beitrags:

Neben der T-Zelle, die gruppenübergreifende Aktionen fördert und koordiniert, bin ich ebenfalls in der lokalen Gruppe von „Ärzte gegen Tierversuche“ aktiv. Wir bauen an vielen Orten unseren Informationsstand auf und versuchen über Tierversuche aufzuklären, so auch kürzlich in Hamburg. Ein älterer Aktivist und langjähriger Tierversuchsgegner kam an unseren Stand und stellte fest, dass es unmöglich und durch nichts zu rechtfertigen sei, Tieren solche Qualen zuzumuten. Ich erwiderte, dass ich derselben Meinung bin, wir als Verein „Ärzte gegen Tierversuche“ jedoch in erster Linie wissenschaftlich argumentieren und so belegen, dass die Methode „Tierversuch“ nutzlos und ineffektiv ist. Darauf meinte er:

Wenn wir Tierversuche abschaffen, nur, weil sie wissenschaftlich nichts bringen, haben wir gesellschaftlich nichts gewonnen.

Daraufhin wurde ich erstmal leise und musste ein wenig nachdenken, um dann festzustellen, dass der gute Mann mit seiner Aussage Recht hat. Auf die Demonstration gegen die Schlachthöfe von Wiesenhof bezogen, lässt sich diese Aussage wie folgt ummünzen:

Wenn wir alle aufhören, Fleisch und Milchprodukte zu konsumieren, nur, weil sie ungesund oder klimaschädlich sind, haben wir gesellschaftlich nichts gewonnen.

Natürlich hätten wir in beiden Fällen für die Tiere ein Ende der dadurch verursachten Qualen erreicht, aber unsere Gesellschaft hätten wir dadurch nicht vorangebracht. Warum ist das so? Als wir vor ca. 15.000 Jahren anfingen, Tiere systematisch auszubeuten und ihnen alle möglichen Formen von Gewalt zuzufügen, legten wir den Grundstein für weitere Gewalttaten und Ausbeutungsstrukturen. Diese Zusammenhänge sind an einem Ort wie dem Wiesenhof-Schlachthof in Lohne besonders klar sichtbar. Bei Wiesenhof treffen die Ausbeutung von Tieren, Menschen und die der Natur in einem abscheulichen Komplex zusammen. Daher muss es unser Ziel sein, jede Form von Gewalt und Ausbeutung an der Wurzel anzupacken und aus unserer Gesellschaft zu bannen. Gewalt und Ausbeutung sind abzulehnen: Sie sind nicht nur schlimm für die Opfer, sondern machen auch Verursacher zu Gewalttätern. Diese Gewalt breitet sich im Folgenden weiter aus, genau wie es bei Epidemien der Fall ist. Wenn wir diese Ausbreitung stoppen und umkehren wollen, müssen wir jede Form von Gewalt und Ausbeutung ablehnen und klar feststellen, dass das Töten und Ausbeuten von Tieren ethisch nicht vertretbar ist. Es ist falsch und macht uns und unsere Gesellschaft schlecht. Daher unser Widerstand gegen kapitalistische, kriegerische, sexistische oder rassistische Systeme.

Wer Widerstand leistet, muss mit Repressionen rechnen und zwar proportional zum Erfolg des Widerstandes. Die Geschichte der SHAC Bewegung in England ist hierfür beispielhaft. Diese überaus effektive Kampagne gegen das größte Versuchstierlabor der Welt1 hat es geschafft diese Firma zweimal in die Pleite zu treiben bis der englische Staat zwei Gesetze erließ, die es illegal machen, gegen oder vor Versuchstierlaboren zu demonstrieren und alle Köpfe der Bewegung mit Haftstrafen von 5 bis 22 Jahren belegte. Das bedeutet für unsere Tierrechtsbewegung, dass die echten Repressionen noch kommen werden, beziehungsweise, dass sie gerade erst anfangen. Sie werden ansteigen in dem Maße, in dem der Konsum von tierischen Produkten zurückgeht. Was können wir dagegen machen?

Wichtig ist, dass wir uns nicht auseinander dividieren lassen. Auch wenn jeder anders tickt und jede Gruppe eigene Ziele und Methoden hat, sind wir nur zusammen effektiv und können etwas bewegen. Die Menschen in unserer Gesellschaft sind zutiefst unglücklich. Die Zeit ist überreif für eine substantielle Veränderung. Zeigen wir ihnen, dass es anders geht: ohne Gewalt und ohne Schlachthöfe von Wiesenhof und Co.


1Huntington Life Sciences nennt sich mittlerweile Covance und betreibt ist auch in Münster Tierversuche mit Primaten.